Meine Gedanken 2015

  Juni 2015, Corfu

  Jetzt sind wir schon bald drei Monate auf Corfu, und da bekommt man von der leidigen Situation der EU mit den Griechen schon einiges hautnah mit.

  Ein heutiger Bericht erzählt von über 2.500 Flüchtlingen und Asylanten innerhalb von zwei Tagen von der nahen Türkei auf die schönen Urlaubsinseln wie Samos etc. Danke, lieber Herr Erdogan, aber wieso behältst du diese nicht selbst? Der griech. Außenminister müsste sie ja postwendend wieder retour schicken, aber wegen der guten nachbarschaftlichen Beziehungen . . . Dabei hat er vor einigen Wochen noch selbst angekündigt, er stattet diese Menschen mit neuen Papieren aus und schickt sie nach Berlin. Nur bis heute ist das nicht geschehen, leider. Wäre interessant, wie Merkel sie durchfüttert und ihnen Jobs, Wohnung, Auto und sonstige Annehmlichkeiten zur Verfügung stellt (Wir schaffen das . . .).

  Wie soll denn Griechenland nun mit dieser zusätzlichen Situation fertig werden. Kein Wunder dass die jungen Leute in Athen auf die Straße gehen und rebellieren. Aber wahrscheinlich auch, weil der Ministerpräsident Tsipouras, wenn er mit der Merk(un)würdigen beisammensitzt, diese Situation nicht aufs Tapet bringt. Es ist schon richtig, dass für eine funktionierende Wirtschaft Banken wichtig sind. Doch darf in keiner Weise auf das eigene Volk vergessen werden.

  Nicht auszudenken, wenn vor ein paar Jahren die Türkei schon in die EU aufgenommen worden wäre. Doch die großgoscherten Deutschen, allen voran Merkel und Steinmayer, trauen sich bis heute nicht, eine Resolution an die Türkei zu verfassen, in welcher stehen müsste: Jedweder Export in die EU wird ab sofort eingestellt, solange die Türkei diese Menschen nach Griechenland schleust (oder in die angrenzenden EU-Länder). Diese Sanktion wird solange aufrecht erhalten, solange die kriegsführenden Länder diese flüchtenden Menschen über die Türkei (die das ja zulässt) in die EU schleusen läßt.

  Dafür werden dann die Botschafter dieser Länder bemüht und ins Außenministerium bestellt, damit denen dann kiloweise Zucker in den verlogenen Arsch geblasen wird. Es traut sich keiner mehr, Tacheles zu reden. Und genau das ist der Grund, warum die EU am Abgrund steht, und keiner sieht es, keiner will es sehen. Und wenn man es sieht, dann getraut sich keiner was zu sagen, er könnte ja seinen gut bezahlten Posten in Brüssel verlieren.

  Dabei haben die größten Länder in der EU, Deutschland und Frankreich, ja bis heute keinen Euro an Griechenland überwiesen, sie haben nur für Kredite Garantien übernommen. Erst wenn es zu einem Schuldenschnitt kommen sollte, dann kommt nur ein kleiner Teil der Kreditschuld zurück. Davor haben diese beiden Länder am meisten Angst, ums schnöde Geld.

  Folgende Szene an einem Bankomaten: ein griech. Rentner will seine ihm von der Regierung täglich zugestandenen 60 Euro von seinem Konto abheben. Das geht nicht, weil der Bankomat nur 50er enthält. Es gibt keine 10er und keine 20er. Vor einem Monat habe ich einmal 400 Euro abgehoben, heraus kam die gesamte Summe in 20 Euro Scheinen. Kurzfristig hat der IWF für die griech. Bankomaten alles in 20er Noten zur Verfügung gestellt. Jetzt bekommt der Rentner nicht einmal seine ihm zugestandenen 60 Euro. Dafür steht er jeden Tag stundenlang in der Schlange.

  Die vom Supermarkt georderte Lieferung Mineralwasser muß der Marktleiter sofort und in Bar bezahlen, es gibt keinen Zahlungsverkehr über die Banken. Der Supermarkt kann aber auch seine täglichen Einnahmen nicht auf die Bank bringen. Auch ausländische Lieferungen müssen bar bezahlt werden. Es lagern daher die gesamten Tageseinnahmen im Supermarkt.

 Und wie soll ein All-Inklusive Hotel seine hunderten fleißigen Leute entlohnen? Die müssen halt warten bis die Hotels wieder Geld von der Bank bekommen. Und trotzdem verlangt man von diesen Mitarbeitern, immer freundlich zu den Gästen zu sein. Deshalb meiden wir diese Hotels, wir sind lieber in einer kleinen Pension. Da bezahle ich jeden Monat dem Wirt meine Rechnung in bar. Davon bezahlt er aber auch seine Mitarbeiter pünktlich. Und wenn wir zu ihm essen gehen, dann zahle ich auch diese Rechnung sofort in bar, mit etwas Trinkgeld für die wahrlich freundliche Bedienung. Und es wundert mich auch nicht, wenn der Wirt in seinem Garten das eigene Gemüse zieht, es ist immer noch billiger als im billigsten Supermarkt. Er nimmt auch das eigene Olivenöl und er macht auch seinen eigenen Hauswein, den er natürlich im Lokal ausschenkt. Als Aufmerksamkeit des Hauses reicht er nach dem Hauptgang etwas Süßes, sei es Joghurt mit Früchten oder ein kleines Stück Kuchen (kostenlos). Und zum Nachhausegehen reicht er noch ein Schnapsglas mit selbstgemachtem köstlichen Limonchello (kostenlos). Ich weiß, dass meine Euros hier in guten Händen sind.

  Eines ist aber trotz der Krisenstimmung hier auf der Insel zu sehen. Die Griechen sind froh über jeden Touristen, der in das schöne Land kommt. Wir erleben hautnah mit, wie sie trotzdem ausgelassen feiern und auch die Touristen daran teilhaben lassen. Ich werde auch wieder einen Film machen wo man sehen kann, was die Griechen trotz Krisenstimmung imstande sind, auszuhalten. Wir liegen hier in der Einflugschneise zum Flughafen, und ich freue mich über jedes Flugzeug und jeden Touristen, der kommt. 

  Diese Gedanken musste ich mir jetzt und heute so einfach von der Seele schreiben. Damit ihr zu Hause seht, wie gut es uns in Griechenland geht.